Aufschieberitis? Fang. Endlich. An.

von Schreiben

Neue Geschichten warten. Short Stories, Impressionen, Fantasien, die erzählt werden wollen. Das Notebook steht aufgeklappt auf dem Tisch, bereit, eine noch leere Seite aufzurufen, auf der sich der frische Text ausbreiten kann. Doch anstatt mich hinzusetzen und mit dem Schreiben loszulegen schinde ich Zeit. Ich prokrastiniere oder, einfach ausgedrückt: Ich drücke mich vor der Arbeit. Ich schiebe es auf, einen neuen Text zu beginnen. Stattdessen staube ich mein Büro ab, gieße Blumen, hänge die Wäsche ab, miste alte Zeitungen aus. Noch ist es keine ausgewachsene Schreibblockade; ich kann mich nur nicht überwinden, endlich anzufangen. Das Naheliegende zu tun, was man als Autor nun mal tun muss: Sich hinsetzen und Wort für Wort, Satz für Satz niederschreiben. Diese Situation erlebe ich häufig nach einer Pause, nach Tagen, an denen ich nicht geschrieben habe. Wenn eine Geschichte beendet ist und die nächste ganz allmählich in meinem Kopf Gestalt annimmt, die ersten Stichworte und Satzfetzen auf diversen Zetteln notiert sind, ist es an der Zeit mit dem Schreiben zu beginnen. Aber ich schleiche um das Notebook herum wie die Katze um eine fremde Milchschüssel. Ich traue mich nicht ran, habe Angst, die Idee nicht aus meinem Kopf in sinnvolle Sätze formen zu können. Meist hilft mir mein Mantra „Fang endlich an“. Falls das nicht funktioniert, stelle ich mir wieder einmal die Frage: Warum schreibe ich?
Weil

Schreiben die faszinierendste Beschäftigung ist, die ich mir vorstellen kann.

Schreiben beides kann – mich eng an die Realität binden oder in maximale Entfernung von ihr führen.

Schreiben mir die Freiheit gibt mich zu äußern und zu entscheiden, ob ich meine Texte jemandem zeige.

Schreiben das Gefühl vermittelt etwas geschafft zu haben, etwas von Bestand herzustellen.

Schreiben hilft Fakten und Informationen, Meinungen und Eindrücke in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen, den roten Faden eines Themas zu erkennen.

Schreiben es mir erlaubt meine eigene Sicht der Dinge einfließen zu lassen.

Schreiben die wunderbare Möglichkeit bietet, all meine Gedanken freizulassen aus dem Kopf, sie quasi in einen anderen Aggregatzustand zu bringen.

Schreiben mir die Freiheit gibt, zu allem etwas zu sagen, das ich für interessant, für wichtig halte.

Am Ende komme ich immer zum gleichen Fazit: Schreiben ist das Einzige, was ich mir vorstellen kann zu arbeiten. Es bindet meine Gedanken, meine Energie, zwingt mich dazu, mich verständlich auszudrücken. Jeder schnell dahin geschriebene Satz schaut mich an, als wolle er mich auffordern über ihn noch einmal nachzudenken, bevor ich gedanklich weitergehe.
Also setze ich mich hin und arbeite.

Der Rat der Expertin

Eine Autorin muss schreiben, die Wäsche kann warten. Aber manchmal klappt es einfach nicht ohne Hilfe. Vom Zeit vertrödeln bis hin zur Schreibblockade ist es ein schleichender Prozess. Die Zeitmanagement-Expertin Cordula Nussbaum beschäftigt sich mit dem Problem der „Aufschieberitis“. Ihre 3 besten Tipps:

Tipp 1
Schreiben Sie mal auf, was sich „eigentlich“ schon lange tun wollen oder müssen. Fragen Sie sich dann: will und/oder muss ich wirklich? Bei vielen Punkten werden Sie sehen: nö, weder will ich, noch muss ich. Streichen Sie diese Aufgaben – mit Schwung und einem breiten Grinsen. Nicht alles, was wir uns mal vorgenommen haben, müssen wir wirklich tun.

Tipp 2
Sie müssen, aber Sie wollen nicht? Fragen Sie sich: An wen könnte ich diese Aufgabe abgeben? Wer hat ein Händchen dafür? Wer kann das vielleicht sogar besser als ich? Wer würde sich vielleicht sogar darüber freuen? Schreiben Sie sofort eine Mail, oder rufen Sie denjenigen an, der diese Aufgabe übernehmen kann.

Tipp 3
Sie müssen – und können es nicht abgeben? Und vielleicht wollen Sie es sogar? Gut. Für diese Aufgaben nehmen Sie jetzt bitte ein paar Notizzettel – bunte. Schreiben Sie auf jeden Zettel eine Aufgabe. Werfen Sie die Zettel in ein großes Glas, eine Kugelvase oder eine Schüssel. Stellen Sie dieses Glas an einen Platz, an dem Sie häufig sind. Auf den Schreibtisch, in die Küche oder Ähnliches. Ziehen Sie jeden Tag einen Zettel – und tun Sie sofort, was darauf steht. Meist sind es nämlich ein paar Minuten, die solche Aufschiebe-Aufgaben brauchen. Ziehen Sie einen Zettel mit einer größeren Aufgabe, dann geben Sie dieser Aufgabe sofort eine Zeitinsel in Ihrem Kalender. Und dann tun Sie es einfach. Nicht mehr hadern, nicht mehr zögern, nicht mehr „kurz“ was anderes machen. Einfach tun.
Machen Sie sich auch klar, dass auf der langen Bank auch Aufgaben liegen, die uns eigentlich gut tun: Mal wieder zum Schwimmen gehen. Mal wieder mit Freunden gemütlich kochen. Geben Sie diesen Energiebringern absoluten Vorrang. Das beflügelt.

Meine aktuelle Schreibstimmung: Von der Espressomaschine ohne Umweg zum Schreibtisch.
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Last modified: 15. März 2017

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