Home Sweet Home

von Bücher

Jetzt hilft nur noch eines: Das Gute im Schlechten sehen.

Über das Coronavirus wollte ich auf Mein blauer Lippenstift eigentlich nicht schreiben. Erstens sollte man Stellungnahmen den Experten überlassen und keinen Laienquatsch schreiben oder, wie es leider einigen Zeitgenossen gefällt, sich in Verschwörungstheorien ergehen. Die Situation hat sich aber nun mal auch in Berlin verändert. Schulen und Kitas sind geschlossen, Theater und Veranstaltungsorte haben alle Termine abgesagt, Kneipen und Cafés sind seit gestern zu. Damit wird der Radius für uns Bewohner deutlich kleiner. Zwar sollen wir uns nicht in den eigenen vier Wänden verschanzen, aber „die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduzieren“, so der Rat. Was nichts anderes bedeutet, als nach dem Spaziergang in der aprilwetterigen Hauptstadt ins heimische Wohnzimmer zurückzukehren. Anders als der vor Jahren vom Zukunftsinstitut beschriebene Trend zum Cocooning zwingt das Virus nun dazu, auf Besucher zu verzichten. Uns bleibt folglich die Wahl alleine, wenn vorhanden mit Partner und/oder Kindern zuhause das Beste aus der Situation zu machen. Wir müssen uns einer höheren Gewalt beugen, die wir zu akzeptieren haben und wir sollten unbedingt die Ratschläge erfahrener Virologen befolgen. Mehr gibt es dazu meiner Meinung nach nicht zu sagen.

Ich halte mich auf dem Laufenden, lese jedoch nicht jede einzelne Meldung, jeden Kommentar tatsächlicher oder selbst ernannter Fachleute. Und ich habe mich nun entschlossen, das Gute im Schlechten zu sehen. Was bedeutet, ich überlege, welche Vorteile dieser unfreiwillige Verzicht auf aushäusige Ablenkungen birgt. Als Autorin arbeite ich ohnehin im Homeoffice. Außerdem, was zwar wenig schön, aber Realität ist, leide ich seit Jahren immer wieder unter depressiven Schüben, die mich ans Haus fesseln. Die treffen mich meist in den ersten Monaten des Jahres. Dann verlasse ich die Wohnung selten, manchmal wochenlang überhaupt nicht. Diese Zeit überstehe ich dank meines Schreibens und meiner Leseleidenschaft. Ich kann mich also als geübte Daheimbleiberin bezeichnen. Diese Erfahrung hilft mir in der aktuellen Lage durchzuhalten. Schreiben gehört sowieso zu meinen überlebenswichtigen Beschäftigungen. Außerdem lese ich so viel und so lange ich will. Auf dem Tisch neben dem Sofa liegt momentan Der größte Spaß, den wir je hatten (Claire Lombardo, Deutscher Taschenbuch Verlag), auf dem Nachttisch wartet Drive Your Plow Over The Bones Of The Dead (Olga Tokarczuk, Riverhead Books).
Sollte mir der Lesestoff tatsächlich ausgehen und der SuB gegen null tendieren, verlasse ich nicht das Haus, sondern lade Bücher auf den Reader, der sonst nur im Urlaub im Einsatz ist.

https://www.zeit.de/2020/12/neuerscheinungen-literatur-small-talk-20-buecher

Mögen wir alle gut und unbeschadet durch diese Phase kommen!

Last modified: 14. März 2020

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