Plötzlich ist alles anders

von HKWs Pinnwand

Prolog 

Am Tag nach meinem achten Geburtstag sagte mir mein Vater, ich sei nun alt genug, zu erfahren, wer ich wirklich sei. Wir waren eben vom Einkaufen nach Hause gekommen, waren beim Lebensmittelladen und in der Zoohandlung gewesen, wo Vater immer den Samen für unseren Garten kaufte. Er hatte seinen Ford Fairlane in der Garage abgestellt und wir wollten uns gleich einen Kakao kochen. Ich half ihm dabei, die Lebensmittel in der Küche und in der Vorratskammer zu verstauen, dann eilte ich die Treppe hinauf in mein Zimmer.
Was wollte Vater mir erzählen? Wer ich wirklich sei, hatte er gesagt. Das wusste ich doch ganz genau. Ich war wirklich acht Jahre alt, ein acht Jahre altes Mädchen, das mit seinen Eltern in der Oakwood Road Nummer 1135 wohnte, das eben ihren Teddy in die Puppenwiege legte und ihn sorgfältig in die Decke wickelte. Er hatte Fieber, war wohl schon wieder mal erkältet. Also nahm ich die Puppe aus der Wiege und setzte sie auf die breite Fensterbank, damit sie in den Garten schauen konnte. Kranke brauchen Fürsorge und ein warmes, sauberes Bett. So war es auch, wenn ich krank war. Dann packte Mama mich ins Bett, das sie vorher mit frisch duftender Wäsche bezog. Bis morgen musste Teddy wieder gesund sein, weil ich morgen zu meiner Tante Em in die Ferien fahren und er mich wie immer begleiten würde.
Ich hörte Vater die Treppe hochsteigen. Er klopfte an die Tür, damit ich sie öffnete. In jeder Hand hielt er einen Becher mit dampfend heißem Kakao, die er auf dem Nachtschrank neben meinem Bett abstellte. Ich schaute zu ihm hoch, und er bedeutete mir, ich solle mich aufs Bett setzen. Er setzte sich auf den Boden davor. „Acht Jahre alt zu sein, heißt, du bist jetzt kein kleines Kind mehr. Deshalb möchte ich dir heute erzählen, wie es dazu kam, dass du bei uns lebst“, begann er mit ungewöhnlich leiser Stimme.

 

Last modified: 19. Oktober 2016

    × schließen