Teilzeit-Eremit

von Schreiben

Nächste Woche ist der 1. November. Die Nervosität steigt.

Habe mich eben getestet: Das Ergebnis der Frage „Welcher Schreibtyp sind Sie?“ fiel niederschmetternd aus. Ich bin ein Prokrastinierer. Was tatsächlich zuzutreffen scheint, schließlich habe ich den Test gelesen, anstatt mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Dabei hatte ich mir vorgenommen, mich in diesem Jahr besonders gründlich auf den NaNoWriMo November vorzubereiten.
Es bleibt auch im dritten Jahr meiner Teilnahme eine riesige Herausforderung, 50.000 Wörter in 30 Tagen sinnvoll hintereinander zu reihen. Mein Alltag lässt sich nicht einfach ausschalten, selbst wenn ich Hausarbeiten aufschieben, den Wäschekorb bis zum Überlaufen füllen, die Bücherregale links liegen lassen, Kino, Restaurantbesuche und gemütliche Stunden im Café streichen würde. Knapp 1.700 Wörter täglich sind dennoch eine beachtliche Menge, die ich in diesem Jahr, so mein Entschluss, zu Hause schreiben will, wo ich weniger abgelenkt bin als in meinem Stammcafé.

Schreiben ist eine einsame Tätigkeit. Philip Roth, einer der großen amerikanischen Literaten, antwortete in einem letzten Interview mit der ‚New York Times’ vor seinem Tod in diesem Frühjahr auf die Frage von Charles McGrath nach dem Gefühl, seine Bücher in der Abgeschiedenheit seiner Farm verfasst zu haben, er sei einsam gewesen, er fühlte sich 50 Jahre in einem stillen Raum wie am Boden eines Pools, in dem er, wenn alles gut ging, sein tägliches Minimum an brauchbarer Prosa erkämpfte.
Jonathan Franzen saß mit Stöpseln in den Ohren und einer Augenbinde in einem vollständig abgedunkelten Raum, um sich den Gedanken zu seinem bislang wohl bedeutendsten Roman Die Korrekturen hingeben zu können.

Der November wird also ein Monat der Zurückgezogenheit werden, wobei ich mich nicht annähernd mit literarischen Koryphäen wie den oben genannten Schriftstellern vergleichen kann und will. Aber: Ich nehme den NaNoWriMo 2018 ernster als in den beiden Jahren zuvor. Ein Geständnis: 2016 ging mir bei 30.000 Wörtern aufgrund katastrophaler Zeitplanung die Puste aus. 2017 schrieb ich im Café, was sich unter dem Druck, genügend Ideen für Short Stories zu entwickeln, zur selbst produzierten psychischen Belastung auswuchs. 2018 werde ich ein Buchprojekt vorantreiben, das stillgelegt, jedoch nie vergessen war. Vielmehr lief es seit Längerem auf einer Gedankenspur im Hintergrund wieder permanent mit. Jetzt ist die Zeit reif, die Spur zu wechseln und über den November hinaus bis zum Ende des Manuskriptes ganz vorne zu rangieren.

 

Last modified: 27. Oktober 2018

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